Mai 1993 – Das klingt fast schon wie ein Datum aus einer längst vergangenen Zeit. Tatsächlich aber ist es unser Datum, unser Beginn von »sem«. Die drei Buchstaben, mit denen man uns verbindet und die allen Veränderungen und Logo-Relaunches zum Trotz kontinuierlich standgehalten haben. Es sind die drei Buchstaben, die es aber auch nach dreißig Jahren nicht geschafft haben, eigenständig bei all unseren Kunden gesehen zu werden. Zwischenzeitlich haben wir sogar Punkte im Logo hinter jeden Buchstaben gesetzt und die Lautschrift auf Briefpapier und Visitenkarten gedruckt. Heute, im Jahr 2023 nehmen wir schmunzelnd zur Kenntnis, dass es nach wie vor nicht immer und überall »S-E-M« ist.
Der Reihe nach: Während meines Studiums eröffnete sich mir die Chance, in einer Full-Service-Werbeagentur als freier Mitarbeiter eine Kampagne für das Bundespresseamt an den neu geöffneten deutsch-deutschen Grenzen zu leiten. Eine Roadshow mit großen logistischen Herausforderungen, die meinen Ehrgeiz weckte und plötzlich die Richtung bestimmte, in die ich mich beruflich orientieren wollte. Nachdem ich rund eineinhalb Jahre später für die gleiche Agentur in der neu geschaffenen Sparte Sport-Marketing in Bonn und Berlin konzeptionell und operativ tätig war und mich gerade wieder meines Studiums besinnen wollte, startete der amerikanische Profi-Basketball-Verband, die NBA, ihr weltweites Event Marketing. Mit Deutschland als strategisch wichtigem Markt. Und so stellte man eine Anfrage an den Deutschen Basketball Bund, der Köln als Stadt für ein erstes Pilotprojekt auswählte. Die Stadt Köln wiederum wandte sich an mich mit dem Hinweis, dass man mich ja als Basketballer und Organisator kennen würde und dass das doch passen könnte. Und es passte!
Als Event Manager der »Converse/NBA 3×3 World Tour« startete ich am 1. Mai 1993 offiziell in die Selbstständigkeit:
»Sport und Event Marketing Thomas Mersch«.
Und Teil meines Vertrages mit den Amerikanern war ein Budget, mit dem ich strategisch wichtige Positionen im Zuge des Premieren-Events besetzen konnte. Einer meiner seinerzeit engsten Freunde und Vertrauten war Didi (Dieter) Schopp. Nichts lag also näher, als ihn mit ins Boot zu holen, zumal wir uns über den Basketball kennengelernt hatten.
Schon im ersten Jahr respektive während des ersten großen Events arbeiteten wir also zusammen. Parallel war ich für die Agentur, bei der ich zuvor meinen Weg aufgezeigt bekam, beratend und vermittelnd tätig bei der Vermarktung der Fernsehbanden für die Europapokalspiele der Basketballer von Bayer Leverkusen.
1994 bot man mir die Organisation aller deutschen »NBA 3-on-3 Events« an und im Mai desselben Jahres überschnitten sich die ersten Kundenanfragen. Pepsi Cola suchte im Rahmen der »Magic Johnson Europa-Tour« über deren Partner aus London einen Organisator für ein Event in Deutschland. Zeitgleich zum »3-on-3« Event in Hamburg. Zu dieser Zeit war ich im Begriff, mein heimisches »Kinderzimmer« – noch immer mein Zuhause und mein Büro – gegen eine kleine Eigentumswohnung in Zollstock zu tauschen.
Der erste Schritt in Richtung Altersvorsorge. Und eine Herausforderung, weil ich das Dachgeschoss in Eigenregie ausbauen ließ. Es kam, wie es kommen musste. Der Umzugstag war fix und die Bude nicht fertig. Kurzerhand durfte ich bei Didi in dessen kleine Wohnung samt meines Büro-Equipments übergangsweise einziehen. Wahrscheinlich sollte auch das so sein. Denn während des oben erwähnten Anrufs aus London saß ich mit Didi Schopp bei ihm zu Hause und weiterhin im gleichen Boot bei den 3×3-Events. Alton Byrd, Basketballer aus London, wollte wissen, ob ich denn nun für ihn und die Magic Johnson Tour arbeiten könne.
Ein Blick, ein Satz bei zugehaltener »Sprechmuschel« (für die älteren unter uns) und fortan waren Didi und ich gleichberechtigte Partner.
Und nahmen als solche das Magic Johnson Event an. So spektakulär unspektakulär war der Grundstein für »sem mersch und partner« gelegt. Alton Byrd war es im übrigen, der in den »Letter of Agreement« im weiteren Verlauf »sem« schrieb und somit unwissentlich die drei Buchstaben prägte.
Sponsoren und Partner der NBA 3-on-3 World Tour wurden auf uns aufmerksam und schon bald zu weiteren Auftraggebern. An erster Stelle Foot Locker und dann Karstadt Sport. Der Kontakt zu Karstadt Sport führte mich im Zuge unserer seinerzeit noch aktiven Athletenvermarktung in das Büro von André Bortz. Wir hatten Mark Warnecke unter Vertrag und der wiederum passte in das Sponsoring-Konzept von Alex Athletics, der Eigenmarke von Karstadt Sport, deren Marketingauftritt von André Bortz gerade komplett revolutioniert wurde.
Wir waren uns schnell einig, was Mark Warnecke anging. Und dann fiel folgender Satz an mich gerichtet: »Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, nie wieder mit Agenturen zusammenzuarbeiten. Das überdenke ich gerade in diesem Moment und möchte Dich fragen, ob Du unsere neuen Konzepte kennenlernen möchtest …«.
Es war der Beginn einer wunderbaren Zusammenarbeit mit etlichen spannenden Projekten und Sportlerinnen und Sportlern. Unter anderem mit Isabell Werth und Regina Halmich, die uns auf der FIBO damals nachhaltig in ihren Bann gezogen hat. Neben FIBO, YOU, und später dem Umsetzen von strategischen Allianzen wie der mit Jugend trainiert für Olympia oder dem DFB im Rahmen der Männer- und Frauen-Länderspiele, war André Bortz im Nachhinein betrachtet vielleicht der Mentor, der uns am meisten förderte, von dem wir unfassbar viel lernen konnten und mit dem uns heute noch ein freundschaftlicher Kontakt verbindet. André hat uns auch mit seiner Menschlichkeit im harten Business und seinem respektvollen Umgang mit allem und jedem tief beeindruckt. Da sind Didi und ich uns absolut einig.
Aber auch bei Nike rückten wir ins Blickfeld und bei einem Meeting anlässlich der ISPO in München sprach uns Klaus Lutz, seinerzeit Marketing-Manager bei Nike an, ob wir bereit wären, bei einem Pitching für eine Street-Hockey-Tour anzutreten. Wir konnten es kaum glauben und legten uns immens ins Zeug. Aus heutiger Sicht waren solche Präsentationen enorm spannend, spielte sich doch alles noch weitestgehend analog ab. Ich erinnere mich, wie wir mit Barbara als Grafikerin auf der Straße mit Sprühdosen Nikes‘ Swoosh auf riesige Papptafeln sprühten.
Die Hockey-Tour wurde schließlich seitens Nike gar nicht ins Leben gerufen, aber unser Auftritt hatte Spuren hinterlassen. Nike wurde in den folgenden Jahren einer unserer wichtigsten Auftraggeber und bescherte uns im Zuge der Zusammenarbeit so manches Highlight: Wir eröffneten Basketball-Freiplätze an der Seite von Scottie Pippen, sorgten für die flankierenden Maßnahmen bei Fußballjugendturnieren und arbeiteten mit Oliver Bierhoff zusammen.
Als seinerzeit in Stuttgart die deutsche Fußballnationalmannschaft gegen die von Nike gesponsorten Brasilianer antrat, haben wir nicht nur in den Tagen davor gemeinsam mit Nike und BRAVO-Sport Fußball-Clinics sowie Meet-and-Greets für Kids begleitet, sondern durften uns auch für eine beispiellose Guerilla-Marketing-Aktion in der ganzen Stadt verantwortlich zeichnen. Was für eine grandiose Zeit.
Eine weitere sehr prägende Begegnung war damals die mit dem Marketing-Leiter Rolf Dohmen, als Nike ein riesiges Sponsorship mit dem weltgrößten Schulsport-Projekt »Jugend trainiert für Olympia« einging und wir mit unserem Konzept das Vertrauen gewinnen konnten. Diese Erfahrung war zweifellos im späteren Verlauf auch kein Nachteil, als wir einen ähnlich umfangreichen Auftrag wie oben erwähnt für Karstadt umsetzten. Mit dem original amerikanischen Schulbus, den wir damals extra angeschafft haben und der sicher vielen noch in Erinnerung ist. So oder so …
Highlight aber sicher die Nike-Basketball-Exhibition-Games »Hoop Heroes« in Dortmund und Berlin mit ausgewählten NBA-Stars wie Charles Barkley, Scottie Pippen, Reggie Miller, Chris Mullin, Gary Paton, Shareef Abdur-Rahim und Jason Kidd. Als Gegner trat eine Auswahl der besten Bundesligaspieler an. Plus Dirk Nowitzki, bei dessen Namen man sich gemeinhin eher verwundert die Augen rieb. Ein Zweitligaspieler aus Würzburg? Aber bei Nike unter Vertrag.
Damals war ich selbst auch Schiedsrichter in der ersten Basketball-Bundesliga und so bestand Laurens Lipperheide, Basketball-Category-Manager bei Nike darauf, dass ich neben unserem Job auch als Schiedsrichter antreten sollte.
Und es passierte Folgendes: Gleich zu Beginn des Spiels stand ich positioniert unter dem Defense-Korb der NBA-Stars, als Dirk Nowitzki in seiner ersten Aktion den Ball erhielt und mit kurzem Anlauf von der Freiwurflinie über Charles Barkley dunkte. Während ich selbst fast die Pfeife verschluckte, packte Charles Barkley den Ball mit einer Hand und drückte mir denselben heftig gegen die Brust. Dann sah er mir in die Augen und brüllte mich fassungslos an: »Who the Fuck ist that?«
Viele Jahre später zum Ende von Nowitzkis NBA-Karriere hielt Charles Barkley in Dallas eine Hommage an Dirk und erzählte darin genau diese Story. .
Mit Beginn des neuen Jahrtausends hatte unser Unternehmen dann richtig Fahrt aufgenommen und mit der Continentale Versicherung akquirierten wir unseren ersten Kunden fernab des Sports, so dass wir unsere GbR im Jahre 2000 in die sem4u GmbH überführten. Seinerzeit holten wir mit Guido Köttgen einen weiteren Gesellschafter ins Boot. Insbesondere, um fehlendes Know-How im handwerklichen Bereich ins Haus zu holen.
Messen, Galas und Incentives, die uns bis nach Costa Rica führten, fanden Einzug in unser Portfolio, das bis heute stets wächst, wenn sich daraus eine Win-Win-Situation für uns und unsere Auftraggebenden ergibt. Für unser erstes Auslands-Incentive pitchten wir bei der Continentale für eine Veranstaltung in Rom. Ich werde nie vergessen, wie wir tagelang recherchiert und geplant haben und zudem unserer Präsentation einen besonderen Anstrich verpassen wollten. Am Ende hatten wir noch die ganze Nacht vor dem Präsentationstag durchgearbeitet und Didis und meine Frau kamen morgens mit Duschzeug und Anzügen ins Büro, um uns für den Auftritt beim Kunden wieder ansehnlich hinzubekommen. Mit Erfolg. Zumindest, was das Geschäftliche anging, denn die Wege führten anschließend nicht nur nach Rom, sondern später auch nach Sevilla, Island, Norwegen und Portugal. Dabei hatte Rom ein derartig holpriges Ende genommen, dass wir beinahe schon sicher sein konnten, dass sem4u und Incentives nur eine kurze Liaison eingehen sollten.
Kurzerhand wurde ich damals im Anschluss zu einem Gespräch mit dem Vorstand nach München zitiert. Ein einschneidendes und richtungsweisendes Erlebnis. Gemeinsam mit Didi hatte ich mich akribisch auf das Gespräch vorbereitet. Denn es war klar, man würde uns mitteilen, dass wir vielleicht oder hoffentlich weiter Galas und Konferenzen für die Continentale organisieren mögen, aber bitte keine Auslands-Incentives mehr. Das Ende ist bekannt: schonungslos ehrlich mit uns selbst, aber auch mutig im Umgang mit den objektiven Fakten und Highlights der Veranstaltung blieben wir an Bord. Zwar mussten wir für das Jahr danach wieder gegen andere Agenturen antreten, aber spätestens nach dem nächsten Pitch waren wir fest etabliert.
Zwischenzeitlich häuften sich die Anfragen nach Ausbildungsplätzen bei uns und uns wurde klar: wir üben einen Beruf aus, den es bei Firmengründung noch gar nicht gab. Es folgten Gespräche mit der IHK. Denn natürlich konnten wir den klassischen Bildungsweg nicht vorweisen, aber wenn jemand wissen konnte, was Veranstaltungskauffrauen und -Männer können sollten, dann doch bitte wir. Das sah man auch bei der IHK nicht anders und nach einigen internen Prüfungen waren wir schnell ausbildender Betrieb. Seit Ende der 90er-Jahre haben wir einigen jungen Menschen erfolgreich den Weg in unseren Beruf ebnen können.
Von 2010 an gingen Didi und ich auch wieder als die alleinigen geschäftsführenden Gesellschafter der sem4u GmbH an den Start. Und so unterschiedlich jeder von uns auch privat seine Wege gegangen ist, so beispiellos ist die Loyalität, die Überzeugung und das Vertrauen zu- und ineinander, mit dem wir seit nunmehr dreißig Jahren alle Höhen und natürlich auch Tiefen gemeistert haben. Ein Umstand, auf den wir stolz sind und für den man nicht dankbar genug sein kann.
Dankbarkeit ist das gute Stichwort, um neben unserem stetig wachsenden Netzwerk all unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dreißig Jahren »sem« einmal Danke zu sagen. Danke, dass Ihr allesamt Euern Teil zu dem beigetragen habt, was die sem4u heute ist: ein Unternehmen, das in jeder Phase voller Leidenschaft ebenso persönlich wie professionell agiert.
Danke an Alexandra, Corinne, Dilan, Dominik, Emira, Eva, Florianne, Guido, Heiner, Lars, Lilly, Maisha, Martial, Nane, Phil, Sandra, Vera, Wolfgang und Yvonne.
Zudem haben uns auch die meisten Praktikantinnen und Praktikanten absolut bereichert. Auch das ist nicht selbstverständlich, wie wir wissen.
Unsere schwierigste Phase liegt so lange noch nicht zurück. Denn kaum eine andere Branche wurde so intensiv von den Corona-Maßnahmen getroffen wie unsere. Zum einen kam uns in dieser Zeit zugute, dass wir uns dem digitalen Wandel zuvor schon nicht verschlossen hatten und die Disziplin des digitalen Marketings frühzeitig in unser Portfolio integriert hatten: Beratung in der Verknüpfung von analogen und digitalen Marketingaspekten, Webseitenpflege, Social Media und redaktionelle Betreuung. Kurzum: die spannende Herausforderung, digitale Möglichkeiten zu nutzen, ohne das Reale aus den Augen zu verlieren. Gepaart mit unserer großen Erfahrung.
Zum anderen aber haben wir rechtzeitig die Reißleine gezogen und unser geliebtes, aber auch definitiv kostenintensives Loft-Büro in Köln aufgegeben. Und das Angebot meiner Frau Ines angenommen, mit in ihr Büro einzuziehen.
Am Ende dieser Krise stehen wir nun mit einem ganz frischen und jungen Team da und fühlen uns wieder bestens aufgestellt. Vielleicht sogar besser denn je …
Wir freuen uns auf alles, was da noch kommt! Weitere dreißig Jahre müssen es für Didi und mich aber nicht mehr werden! Wenngleich der Spaß an unserer Sache noch immer nicht vergangen und das Feuer für das, was wir tun, noch immer nicht erloschen ist.
Voller Überzeugung können wir sagen, nie nachgelassen zu haben, jedes noch so kleine Projekt mit dem höchstmöglichen Respekt und der bedingungslosen Leidenschaft anzugehen, die den Unterschied macht.
Ein Ergebnis dieser besonderen Ideen sind unsere Events UNGER-UNS, die wir im Jahr 2012 gestartet haben.
Entstanden aus einer vermeintlich verrückten Idee. Sagte man … Und wir? Wir haben es einfach gemacht! Auch UNGER-UNS hat seinen vorläufigen Stopp mit der Corona-Krise erfahren. Aber aktuell fühlen wir uns von ganz vielen Seiten positiv bedrängt, dass wir diese oder ähnliche Events ganz schnell wieder reaktivieren sollten. Die Lust ist zweifellos da. Und wer weiß …?
Da wünschen wir uns, um am Ende noch mit einem dieser berühmt berüchtigten Zaunpfähle zu winken, Sponsoren, die die Liebe zu solch einzigartigen kleinen Events mit uns teilen.
Auch im Namen von Didi: Danke für dreißig Jahre sem!
Danke an all unsere treuen Wegbegleiterinnen, Wegbegleiter und Kunden!