Wir schreiben das Jahr 1997. Und wir sind gemeinsam mit Laurens Lipperheide von Nike in den Vorbereitungen auf zwei Exhibition Games der NBA in Deutschland. Sponsored by Nike. Wir sollen mit sem4u bzw. damals noch »sem mersch & partner« die flankierenden Marketingmaßnahmen begleiten und umsetzen.
Die besten Stars der NBA, die bei Nike unter Vertrag stehen, sollen in zwei Spielen in Dortmund und Berlin gegen eine Auswahl von Basketballern der ersten deutschen Basketball-Bundesliga antreten.
Charles Barkley, Scottie Pippen, Reggie Miller, Jason Kidd, Chris Mullin, Shareef Abdur-Rahim und Gary Payton.
Wie heute erinnere ich mich, als Laurens Lipperheide völlig unverhofft im Meeting sagte »Thomas, du bist doch auch Bundesliga-Schiedsrichter. Also bist du auch unser Schiedsrichter in Dortmund und Berlin bei den Spielen. Ist schon beschlossen, ich brauch nur noch deine Klamottengrößen…«
Widerrede zwecklos und fortan war es nicht mehr nur ein geiles Projekt für uns, sondern mein ständiger Begleiter im Kopf. Ich soll vor jeweils 10.000 Zuschauern ein Spiel leiten, bei dem ich inmitten meiner eigenen Heroes als Basketballer stehe?
Während am ersten Spieltag in Dortmund Didi und Co. noch operativ mit unseren Aufgaben zugange waren, saß ich umgezogen und zweifellos nervös in der Umkleide, als sich die Tür öffnete und Charles Barkley zum Smalltalk hereinkam. Nicht die einzige nachhaltige Begegnung an diesem Tag.
Als ich die Halle betrete, fällt mir ein Spieler in der deutschen Auswahl auf, der gar keinem Erstliga-Team angehörte. Und natürlich wusste ich allein schon aufgrund der Vorbereitungen, dass es sich um Dirk Nowitzki handelte. 18 Jahre alt und vom Zweitligisten Würzburg.
Aber die Frage, wer denn der Junge da sei, war an diesem Abend nicht abwegig und durchaus erlaubt.
Wenig später eröffnete ich das Spiel mit dem Sprungball und war mitten drin statt nur dabei. Ja, für die Älteren unter uns: Das DSF war auch am Start und Frank Buschmann moderierte das Event.
Charels Barkley bei der bewegenden Huldigung anlässlich der Verabschiedung nach Dirks letztem Heimspiel in Dallas.
Nach wenigen Minuten passierte dann Folgendes. Ich stehe als Schiedsrichter an der Grundlinie unter dem Korb. Unmittelbar vor mir in der »Defense« Charles Barkley und dann kommt Dirk Nowitzki aus Richtung Freiwurflinie angeflogen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes und über Charles Barkley hinweg zum Dunking. In dem Augenblick dachte ich nur »Heilige Scheiße, was war das und was traut der sich?«, als Charles Barkley mit einem Gesichtsausdruck, der unweigerlich Angst machen musste, den Ball mit einer Hand nahm und mir wutenbrannt entgegendrückte. Ich gab ihm den Ball zurück. »Your turn!« und während er den Ball wieder ins Spiel bringt raunt er mir zu: »Who the Fuck is he?«
Heute weiß beinahe die ganze Welt, wer er ist. Dirk Nowitzki.
Ich habe noch nie erlebt, wie sehr ein Sportler gehuldigt und gewürdigt wurde anlässlich der Beendigung seiner Karriere. Und man denkt im gleichen Moment: zu Recht.
41.21.1
Die Nummer 41 hat 21 Jahre für nur 1 Team der NBA gespielt: die Dallas Mavericks.
Eine Karriere ohne jegliche Eskapaden, ohne zur Schau getragenen Klunker, voller sozialem Engagement neben dem Parkett. Und immer fokussiert auf seinen Sport und sein Team. Und sehr offensichtlich ohne zu vergessen, wo seine Wurzeln liegen.
Ich habe heute morgen den dreißigminütigen Bericht der NBA Deutschland auf facebook gesehen. Ein Bericht von dem, was nach Dirks letztem Heimspiel in Dallas passierte. Es hat mich bewegt und ich habe jede Sekunde aufgesogen. Da kommen Legenden wie Larry Bird, Scottie Pippen, Shawn Kemp, Charles Barkley, Detlef Schrempf, (den ich zu Leverkusener Zeiten noch kennen lernen durfte und sehr geschätzt habe) und andere, um ihn persönlich zu verabschieden. Mit Worten, die respektvoller und beeindruckender nicht hätten sein können.
Da muss jemand etwas verdammt richtig gemacht haben.
Und natürlich habe ich mich dabei ertappt, nach einem gemeinsamen Bild zu suchen. Aber 1997 war nicht die Zeit der Smartphones und Selfies. Aus dieser Zeit gibt es kartonweise Papier-Fotos, in denen man stöbern könnte.
Aber was soll ich sagen. Letztlich wurde mir gerade in diesem Moment bewusst, worauf es ankommt. Und im nächsten Moment hatte ich eine Textzeile von BAP im Kopf: »Selvs Souvenirs sinn nix als Spure’m naaße Sand, die noh un noh dä Wind verweht. Sulang se frisch sinn – alles klar – doch irjendwann ess et vorbei, wie’t halt su jeht.«
Für diese Begegnungen mit Dirk Nowitzki und den Hoop Heroes brauche ich kein Souvenir und kein Selfie: es ist auf meiner Seele tätowiert. Danke dafür.
Tatsächlich habe ich aber auf youTube ein paar Eindrücke gefunden. Es ist eben 22 Jahre her…